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Der Amtbegriff in der
katholischen Kirche
In den Allgemeinen Normen hält der universalkirchliche Gesetzgeber grundsätzliche Aussagen fest, die darum auf die übrigen Canones im CIC angewandt werden müssen. Da der Gesetzgeber in den cann. 145 196 i. V. m. den cann. 113 123 und 129 144 verfassungsrechtliche Aussagen macht, müssen diese Canones auf der konkreten verfassungsrechtlichen Ebene somit vom Gesetzgeber appliziert und auch von den übrigen Kanonisten berücksichtigt werden. Reflexion zu den Vorgaben des
Gesetzgebers in can. 145 In can. 145 § 1 schreibt der
Gesetzgeber: Das kirchliche Amt ist jedweder
Aufgabenkreis, der durch göttliche und / oder kirchliche
Anordnung auf Dauer eingerichtet ist und als geistlicher
Zweck / im Hinblick auf einen geistlichen Zweck
auszuüben ist. (Officium ecclesiasticum est quodlibet
munus ordinatione sive divina sive ecclesiastica
stabiliter constitutum in finem spiritualem exercendum.) Geht man vom indikativisch verwendeten Hilfsverb esse aus, will der Gesetzgeber eine Definition geben, die bei näherer methodologischer Betrachtung jedoch nicht vorzuliegen scheint. Der Gesetzgeber begreift das officium ecclesiasticum als einen Aufgabenkreis (munus). Dessen Pflichten und Rechte, mit denen immer Befugnisse (facultas) aus der potestas regiminis seu iurisdictionis und / oder potestas ordinis verbunden sein können und somit immer auf spezifische Aufgaben bezogen sind, bestimmt der Gesetzgeber in allgemeiner Weise, und zwar unter den Aspekten
Betrachtet man diese Überlegungen, könnte sich bereits jetzt die Frage erheben, ob es dem Gesetzgeber in can. 145 § 1 nicht eher um die Bestimmung des munus eines officium ecclesiasticum geht als um eine Definition des officium ecclesiasticum selbst, das streng genommen in dieser Rechtsbestimmung als Subjekt fehlen könnte. Reflektiert man diese Vorgaben des Gesetzgebers weiter, so hat er es in seiner vermeintlichen Definition versäumt anzugeben, wem gegenüber die in § 1 ins Auge gefassten Aufgaben dieses Aufgabenkreises mit den ggf. entsprechenden Befugnissen wahrzunehmen sind, so dass ergänzt werden muss: den in einer Körperschaft lebenden Christgläubigen gegenüber, für die ein kirchliches Amt eingerichtet und errichtet wird, von dessen Einrichtung und Errichtung der Gesetzgeber in can. 148, TS 1 schreibt. Folglich fehlt in can. 145 § 1 einerseits der Hinweis auf die mit diesem Canon untrennbar verbundenen cann. 113 123, mit denen freilich nicht nur can. 145 in Verbindung zu sehen ist, sondern alle mit can. 145 eingeleiteten cann. 146 196. Andererseits fehlt die Benennung des can. 148, TS 1 i. V. m. can. 145 § 1, denn ein Amt ist immer im Hinblick auf eine Körperschaft einzurichten und zu errichten, d. h. zu konzipieren (einrichten) und in Existenz zu setzen (errichten). Ferner hat der Gesetzgeber nicht benannt, vom wem diese Aufgaben erfüllt werden sollen, nämlich von den Amtsträgern, und unter wessen Leitung, nämlich von demjenigen, der die eine Leitende Stelle im betreffenden Amt (officium ecclesiasticum) inne hat. Der Gesetzestext in can. 145 § 1 ist auch unter diesen zuletzt genannten drei Merkmalen (wem gegenüber, von wem und unter wessen Leitung) defizitär, die sich aus dem logischen Kriterium notwendige Sinnergänzung ergeben. Aus analytisch-synthetischer Sicht fehlt der Hinweis auf can. 148, TS 1. In can. 145 § 2 fährt der Gesetzgeber fort: Pflichten und Rechte, die den einzelnen kirchlichen Stellen eigen sind, werden durch das Recht selbst bestimmt, durch das eine Stelle eingerichtet wird, und / oder durch ein Dekret der zuständigen Autorität, durch das sie eingerichtet und zugleich übertragen wird. (Obligationes et iura singulis officiis ecclesiasticis propria definiuntur sive ipso iure quo officium constituitur, sive decreto auctoritatis competentis quo constituitur simul et confertur.) Im Unterschied zu can. 145 § 1, in dem der Gesetzgeber auf sämtliche Aufgaben auf der betreffenden verfassungsrechtlichen Ebene abstellt, hebt er in § 2 auf die Pflichten und Rechte der einzelnen Amtsträger ab, die auf der jeweiligen verfassungsrechtlichen Ebene tätig sind. Diese Aufgaben eines Amtsträgers können im Gesetzbuch im Hinblick auf die jeweilige verfassungsrechtliche Ebene mit den entsprechenden Befugnissen festgehalten sein (sive ipso iure quo officium constituitur) und / oder in einer schriftlichen Erklärung, da sie im Gesetz nicht enthalten sind und somit durch deren Übertragung ergänzt oder erst geschaffen werden (sive decreto auctoritatis competentis quo constituitur simul et confertur). Man denke etwa an die in einer bischöflichen Kurie im Zuständigkeitsbereich der DBK übliche Stelle eines Referenten für das pastorale Personal. Der partikularrechtliche Gesetzgeber hat somit, bezogen auf die Pfarrei, die Möglichkeit, z. B. den Aufgabenkreis des Pfarrers zu kürzen oder zu erweitern oder die Stellen eines Gemeinde- oder Pastoralreferenten mit den spezifischen Aufgaben einzurichten, obwohl diese Stellen im Codex nicht vorgesehen sind. Um der Klarheit willen soll erneut darauf hingewiesen werden, dass der Aufgabenkreis in § 1 alle Pflichten und Rechte sowie Befugnisse aus beiden potestates umfasst, die durch sämtliche Amtsträger ausgeübt werden, während in § 2 nur die Pflichten und Rechte eines einzelnen Amtsträgers im Blick sind und die ggf. erforderlichen Befugnisse auch hier nur implizit erwähnt sind. Durch die bereits von gesetzgeberischer Seite aus vorgenommene sprachliche Unterscheidung das eine Amt die vielen Stellen in ihm wird der jeweilige Kasus verständlich, in dem der Gesetzgeber vom officium ecclesiasticum schreibt. Ferner kann nachvollzogen werden, dass das officium ecclesiasticum in can. 145 § 1 nicht mit dem munus gleichzusetzen ist, denn in einem Aufgabenkreis können keine Stellen eingerichtet werden. Dies ist nur in einem Rechtsinstitut möglich, wie das Amt eines darstellt, mit dem auf der einen Seite dieser Aufgabenkreis und auf der anderen Seite Stellen verbunden sind, die wiederum als ein Rechtsinstitut zu verstehen sind. Die Finalität dieses Rechtsinstituts Amt und damit auch des Rechtsinstituts Stelle ist durch den finis spiritualis vorgegeben, der dem Aufgabenkreis des Amts zu entnehmen ist, vgl. E. M. Morein, Officium, insbesondere 43-96; was die Konsequenzen hinsichtlich des Gesetzestextes in can. 145 betrifft, vgl. ebd. 193-294. In meiner Dissertationsarbeit habe ich einen interdisziplinären Dialog geführt, wie dieser in der Theologie üblich ist. Auf diese Weise ist eine komparative Methode angewandt worden, indem zum einen dargestellt wurde, was im Allgemeinen Verwaltungsrecht als juristischer Disziplin an den Universitäten der Bundesrepublik Deutschland über das Amt gelehrt wird, um zum anderen die Aussagen des kirchlichen Gesetzgebers mit dem so Erhobenen zu vergleichen und weiter zu entwickeln, zumal dieser Teil des Allgemeinen Verwaltungsrechts als ein in dieser Weise nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland gelehrter gilt und somit Allgemeingültigkeit beansprucht, was wiederum für ein universal-kirchliches Gesetz von Bedeutung ist. Zum Schluss dieses ersten Gedankens sei der Hinweis erlaubt, dass das Verwaltungsrecht in ein Allgemeines und Konkretes Verwaltungsrecht eingeteilt wird, so dass im Allgemeinen Verwaltungsrecht grundlegende Aussagen gemacht werden, die auf das Konkrete Verwaltungsrecht angewandt werden. Genau von dieser Aufteilung geht auch der kirchliche Gesetzgeber aus, wenn er in den Allgemeinen Normen Prinzipielles über das Amt verfasst und insbesondere im Buch II des CIC über die konkreten Ämter schreibt, unter denen das Papst-, Bischofs- und Pfarramt besonders zu beachten sind, da die Katholische Kirche insbesondere durch die Körperschaften gegliedert wird, zu denen eines dieser Ämter gehört. Das Amt aus verwaltungsrechtlicher
Sicht Wie in der deutschen Umgangssprache so wird der Amtbegriff auch im Allgemeinen Verwaltungsrecht äquivok verwendet. Dennoch kann nach eingehender Analyse der juristischen Literatur festgehalten werden, dass das Amt ein Rechtsinstitut ist, das formal durch verschiedene Merkmale und eine Finalität bestimmt ist. Diese Finalität ist durch die Aufgaben im Aufgabenkreis des Amts vorgegeben und bestimmt. Die juristischen Merkmale des Amts sind:
Innerhalb der Stellen muss fundamental unterschieden werden zwischen der einen Leitenden Stelle im Amt und den vielen Nicht-Leitenden Stellen in ihm, mit denen aber sehr wohl Leitungskompetenzen, auch in unterschiedlichem Maße, verbunden sein können. Die Stellen stehen folglich in einer Stellenhierarchie zueinander und begründen die jeweilige Rechtsstellung eines Stelleninhabers. Der Inhaber der Leitenden Stelle im Amt hat eo ipso die Aufgabe, das Amt zu leiten. Er ist somit Dienstvorgesetzter seiner Mitarbeiter. Nach dem juristischen Denken obliegen ihm aber auch die Pflichten des Repräsentationsorgans, d. h. er soll die Körperschaft rechtlich und sozial vertreten. Selbstredend werden die Inhaber einer Stelle nach bestimmten Kriterien vom Verwaltungsträger, d. h. von der Körperschaft als Rechtsperson und damit auch als Anstellungsträger entlohnt. Graphisch lassen sich diese Gedanken wie folgt darstellen:
Rechtssprachliche Kriterien für die
Rechtsinstitute Amt und Stelle
aus verwaltungsrechtlicher Sicht Nach diesen grundsätzlichen
Unterscheidungen zwischen Körperschaft, Amt,
Aufgabenkreis im Amt und Stelle im Amt (mit den
fundamentalen Differenzierungen im Stellenbegriff)
können aus verwaltungsrechtlicher Sicht
rechtssprachliche Kriterien benannt werden, um begründet
von einem Ämter- bzw. Stellenrecht sprechen zu können.
Diese Kriterien gehören zur rechtssprachlichen
Methode, an der bereits K. Mörsdorf interessiert war
und die innerhalb der Kanonistik leider immer noch nicht
beachtet wird. Dabei gehört doch gerade die
Rechtssprache zu den wesentlichen Instrumentarien auch
des Gesetzgebers, der unter Beachtung sonstiger
theologischfundamentaler Erkenntnisse in
Rechtssprache das Wesen der Kirche im Gesetzbuch
beschreibt. Rechtssprachliche Kriterien für das Ämterrecht:
Rechtssprachliche Kriterien für das
Stellenrecht:
Relevanz dieser Erkenntnisse
insbesondere für die Bestimmung des Begriffs officium
ecclesiasticum Liest man die cann. 145 196 vor dem
Hintergrund des vorstehenden Gedankens, ergibt sich
unbestreitbar, dass der Begriff officium
ecclesiasticum vom Gesetzgeber zweideutig verwendet
wird. In den cann. 145 § 1 und 148,
TS 1 schreibt er vom kirchlichen Rechtsinstitut Amt,
das er in diesen Rechtsbestimmungen nicht vollständig
umschreibt oder gar definiert. Er unterscheidet nicht
klar genug zwischen dem Amt und dessen Aufgabenkreis, der
niemals, wohl aber ein Amt errichtet wird. In den übrigen Canones fasst der
Gesetzgeber die Stellen innerhalb der Kirche ins Auge,
und zwar vornehmlich unter den Aspekten Übertragung (145
§ 2 147 und 148, TS 2 183) und Verlust
(184 196). Der Begriff officium
ecclesiasticum ist somit rechtssprachlich
begründet mal mit Kirchenamt, mal mit kirchliche
Stelle zu übersetzen, aufgrund derer jemand von
einer kirchlichen Körperschaft als Rechtsperson auf der
jeweiligen verfassungsrechtlichen Ebene angestellt ist
und seine Aufgaben in finem spiritualem zu erfüllen hat,
der in der missio Ecclesiae beruht, wie sich auch in der
Auseinandersetzung mit dem Begriff Seelsorge
zeigen lässt, und auf die hin eine kirchliche
Körperschaft eingerichtet und errichtet ist. Die rechtssprachlichen Kriterien für das Ämter- und Stellenrecht können u. a. beim Lesen der cann. 515 552 angewandt werden, mit der Konsequenz, dass der Begriff paroecia nicht nur in der Bedeutung Pfarrei wiedergegeben werden kann, auch wenn dies die Übersetzer der lateinisch-deutschen Ausgabe Glauben machen wollen, die diesen bereits vorkonziliar verwendeten Begriff ausschließlich in nachkonziliarem Licht lesen. Vor diesem Hintergrund kann can. 526 § 1 anders gelesen werden, als er bis jetzt im Zuständigkeitsbereich der DBK gelesen wird, so dass die Gemeindeleitung bei Priestermangel anders gestaltet werden könnte (und müsste). Stimmt man diesen Erkenntnissen und Gedanken zu, sind die beiden potestates, die potestas regiminis und / oder die potestas ordinis, immer nur auf die Ausübung bestimmter Amtsaufgaben bezogen, die im Aufgabenkreis von Seiten des Gesetzgebers festgehalten sind. Demnach gibt der Gesetzgeber an, zur Ausübung welcher z. B. pfarramtlichen Aufgaben eine bestimmte Stufe der Weihegewalt erforderlich ist, vgl. etwa can. 1003 §§ 1 und 2 i. V. m. can. 530, 3° oder can. 900 i. V. m. can. 530, 7° und im Gegensatz dazu can. 914 i. V. m. can. 528 § 1, in dem nicht gesagt ist, dass die Weihe zur Erteilung der Eucharistiekatechese erforderlich ist. Hieraus folgt zumindest, dass das Amt im theologisch-dogmatischen Sinne mit dem lateinischen Begriff ordo gleichzusetzen ist und sich immer nur auf die Ausübung bestimmter Amtsaufgaben bezieht. Inwiefern sich diese Erkenntnis und Formulierung mit der innerhalb der theologischen Dogmatik vertretenen Amtstheologie in Einklang bringen lassen, muss in einem theologisch-interdisziplinären Dialog geklärt werden. In der Konsequenz einer solchen Diskussion
ist die Frage zu stellen, ob der kirchliche Gesetzgeber
in weiten Teilen des CIC ein Verfassungsrecht vorlegt.
Wird dem zugestimmt, muss geklärt werden, inwiefern die
in der theologischen Dogmatik vertretene Ekklesiologie
verfassungsrechtliche Qualität hat und wie das Verhältnis
zwischen dem kirchenrechtlichen Verfassungsrecht und der
dogmatischen Ekklesiologie bestimmt werden kann.
Dabei ist zu sehen, dass der Gesetzgeber ein
universalkirchliches Gesetzbuch verbindlich vorlegt und
dass es völlig unterschiedliche Ekklesiologien innerhalb
der Dogmatik gibt, von denen nach meiner Kenntnis nicht
eine Ekklesiologie verbindlich ist. Geht man von den methodologisch bedingten kirchenrechtlichen Erkenntnissen aus, bestimmt sich der ekklesiologische Ort der beruflich in der Kirche tätigen Laien (Gemeinde- und Pastoralreferenten) so, dass sie nicht an den Aufgaben teilhaben, die die Kleriker vermeintlicher Weise durch die Weihe übertragen bekommen (innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der DBK wird seit der Würzburger Synode in dieser Weise gedacht und geschrieben). Vielmehr haben sie wie die Kleriker an den Aufgaben teil, die der Gesetzgeber im Aufgabenkreis eines Amts festgelegt hat und die von der zuständigen Autorität einem Laien oder einem Kleriker in Entsprechung zu seiner sakramentalen Disposition übertragen werden können. Vom Ausüben der im Aufgabenkreis festgelegten Aufgaben ist die Leitung zu unterscheiden (von dieser Differenzierung ist bereits auf der Startseite die Rede gewesen und wird immer wieder zu reden sein). Nur der Inhaber der einen Leitenden Stelle im Amt ist dazu verpflichtet, das Amt zu leiten, d. h. darauf zu achten, dass die Inhaber der Nicht-Leitenden Stellen ihre Aufgaben sachgerecht und vollständig vollziehen. In diesem Duktus haben Laien Nicht-Leitende Stellen inne, mit denen Leitungskompetenzen verbunden sein können. Sie können nie mit der Gesamtleitung des Amts betraut werden. |